40% der Lebensmittel landen im Müll

Lebensmittel retten via foodsharing!

2015 fand das 4. Internationale Foodsharing Treffen in Berlin statt, an dem ich mit Begeisterung teilgenommen habe. Als ich anderen davon erzählen wollte, habe ich festgestellt, dass viele gar nicht wissen, was foodsharing überhaupt ist, und mich zu einem Artikel hingesetzt, der einen ersten Einblick geben soll. Viel Vergnügen beim Informieren! :-)

 

Warum Lebensmittel retten?

  • Rund 57.000 Menschen sterben jeden Tag an Unterernährung.[1]
  • 842 Millionen Menschen leiden täglich an Hunger – das ist weltweit jeder achte Mensch.[2]
  • Jedes Jahr werden weltweit 4 Milliarden Tonnen Lebensmittel produziert und davon über 1,3 Milliarden Tonnen verschwendet.[3] In Industriestaaten bestehen ca. 40% der Nahrungsmittelverluste aus völlig genießbaren Lebensmitteln.[4]
  • 2/3 der gesamten Lebensmittelverschwendung könnten durch Engagement von Lebensmittelbetrieben, Foodsavern und Privatpersonen eingespart werden.
  • Mehr als ein Fünftel der weltweiten Treibhausgase könnte vermieden werden, wenn die Lebensmittelverschwendung global um 80% reduziert wird.

Nur gemeinsam können wir den Wahnsinn der Überflussgesellschaft stoppen, indem jeder seinen Teil dazu beiträgt und verantwortlich handelt!

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[1] Quelle: Ziegler, J., 2013. Der Hunger ist von Menschen gemacht.

[2] Quelle: Food and Agriculture Organization of the United Nations, 2013. Global hunger down, but millions still chronically hungry.

[3] Quelle: TAZ.de, 2013. „Ökonomischer und ethischer Unsinn“.

[4] Quelle: n.tv, 2011. Verschwendung ist schockierend.

 

Was kann ich jetzt schon tun, um die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren?

Du kannst

  • keine genießbaren Lebensmittel wegwerfen: Wenn du z.B. einen Aufstrich gekauft hast, der dir nicht schmeckt, verschenk ihn weiter!
  • überschüssiges Essen teilen: Wenn du z.b. von einer Party Lebensmittel übrig hast, teile diese mit Freund*innen, Nachbar*innen oder stelle sie in einen Fair-Teiler[5].
  • bewusst einkaufen: Du kannst im Laden Lebensmittel, die kurz vor dem MHD[6] stehen, oder Obst und Gemüse, das nicht mehr so schön aussieht, aber trotzdem noch lecker ist, kaufen.
  • Foodsharer werden: Melde dich kostenlos bei www.foodsharing.de an! Dort kannst du überschüssige Lebensmittel in einem digitalen Essenskorb anbieten oder abholen. Andere Foodsharer können den ungefähren Standort dieses Angebots auf einer Karte sehen und Interesse per Nachricht anmelden. Dabei bleiben alle Teilnehmenden anonym und können nach eigenem Ermessen den Abholer*innen ihre Kontaktdaten mitteilen.

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[5] Ort, an den jede*r (auch ohne Anmeldung bei foodsharing) Lebensmittel kostenlos hinbringen und abholen kann; z.B. ein Kühlschrank oder Schrank, der z.B. in einem Innenhof oder einer (nicht-parteilichen) Einrichtung steht.

[6] Das Mindesethaltbarkeitsdatum (MHD) gibt an, bis zu welchem Datum ein Lebensmittel ohne wesentliche Geschmacks- und Qualitätseinbußen sowie gesundheitliches Risiko zu konsumieren ist. Es handelt sich nicht um ein Verbrauchsdatum.

Was ist foodsharing?

Foodsharing ist ein gemeinnütziger Verein, der 2012 von Valentin Thurn während seiner Recherchen und Dreharbeiten zum Dokumentarfilm „Taste the Waste“ gegründet wurde.

 

Foodsharing will

  • die Lebensmittelverschwendung weltweit reduzieren.
  • gemeinsam mit den Tausenden ehrenamtlichen Foodsavern in ganz Deutschland eine neue Kultur der Achtung gegenüber Essen leben, um gemeinsam mit den kooperierenden Läden den Lebensmitteln die Wertschätzung zukommen zu lassen, die sie verdienen.
  • medial für mehr Bewusstsein darüber zu sorgen, dass wir alle etwas gegen die Verschwendung von Lebensmitteln tun können.
  • Foodsaver und BotschafterInnen organisieren sowie Veranstaltungen zum Thema initiieren.
  • die Internationalisierung von foodsharing voranbringen.
  • uvm.

Seit September 2013 haben sich bereits über 10.000 ehrenamtliche Menschen, die etwas gegen die Lebensmittelverschwendung unternehmen, angemeldet und 3000 Freiwillige von ihnen retten schon aktiv in ca. 1200 Betrieben.

 

Wie organisiert sich foodsharing?

Der foodsharing e.V. ist unabhängig, unparteilich und allgemeinnützig. Über 120 ehrenamtliche Engagierte übernehmen Programmierung, Pressearbeit, Lebensmittelhygiene, Koordination der einzelnen Bundesländer, internationale Treffen, Rechts- und Übersetzungsangelegenheiten uvm. Derzeit wird nur die Geschäftsführung mit einer Minijobstelle bezahlt.

Um das bundesweite Netzwerk von foodsharing zu koordinieren, gibt es neben dem bundesweiten Organisationsteam in jedem Bezirk/ Stadt/ Region eine/n sog. BotschafterIn. Diese/r kennt jeweils alle betriebsverantwortlichen Foodsaver persönlich und diese wiederum kennen alle Foodsaver für den jeweiligen Betrieb.

 

Foodsharing ist flach, dezentral und regional organisiert:

 

Ein Foodsharer kann Essenskörbe[7] über foodsharing anbieten oder abholen, beim Fair-Teiler Lebensmittel vorbeibringen oder abholen und an foodsharing-Events teilnehmen. (Er kann keine Lebensmittel bei Betrieben abholen, dafür muss er Foodsaver werden!)

 

Um Foodsaver zu werden, muss ein Foodsharer nach der Anmeldung und dem Bestehen des Quiz drei Einführungsabholungen machen. Danach wird er/sie durch einen Foodsaver-Ausweis verifiziert, um Lebensmittel bei kooperierenden Betrieben professionell einsammeln und danach fairteilen zu können.

 

Ein/e BotschafterIn übernimmt die Koordination der Betriebsverantwortlichen und stellt die Ausweise für neue Foodsaver aus. Des Weiteren gibt er/ sie Hilfestellung bei der Akquise von neuen möglichen Betrieben, organisiert regelmäßige Treffen und ist RepräsentantIn von foodsharing in seinem/ihrem Bezirk/ Stadt/ Region.

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[7] Lebensmittel, die kostenlos über www.foodsharing.de angeboten und im besten Fall nach gelungenem Kontakt an eine andere Privatperson übergeben werden.

 

Was alles wird denn gerettet?

In erster Linie werden noch-genießbare Lebensmittel gerettet. Foodsaver holen auch Produkte ab, die andere Organisationen (z.B. die Tafel) nicht mitnehmen dürfen, z.B. Produkte über MHD, Molkereiprodukte, angerissene Packungen, Kosmetika. Im Gegensatz zu anderen Organisationen holen sie auch kleine Mengen ab, weil sie vor Ort organisiert sind. So kann neben großen Lebensmittelhändlern auch kleinen Lebensmittelspendern wie Bäckereien, Bioläden, Restaurants usw. die Kooperation mit Foodsavern ermöglicht werden, sodass unabhängig von der Größe des Lebensmittelbetriebes keine noch genießbaren Lebensmittel weggeworfen werden müssen. Dadurch sind die Foodsaver eine effiziente, lokale und zeitnahe Ergänzung zu anderen gemeinnützigen Organisationen wie z.B. den Tafeln.

 

Wer bekommt die geretteten Lebensmittel?

Die über foodsharing geretteten Lebensmittel werden allen Menschen, die Lebensmittel wertschätzen, zur Verfügung gestellt, unabhängig von Bedürftigkeit. Die Lebensmittelrettenden können so viele Lebensmittel, wie sie verbrauchen, behalten und den Rest nach eigenem Ermessen an andere Menschen verteilen. Die primären Ziele von foodsharing sind es, Aufmerksamkeit auf die Lebensmittelverschwendung zu richten, diese einzudämmen und damit unsere kostbaren Ressourcen zu schonen. Beim Umsetzen dieser Ziele kann es den tollen Nebeneffekt geben, dass durch die geretteten Lebensmittel zufällig auch Bedürftige und unterstützenswerte Projekte gefördert werden wie Obdachlosenheime, Frauenhäuser und Asylanten.

 

Wie läuft eine Rettungsaktion bei einem Betrieb ab?

Bei einem Betrieb kann es sich um Bäckereien, Obst- und Gemüsehändler, Filialen von Supermärkten, Wochenmärkte, Restaurants, Kantinen, Cafes, Catering-Service, Großhandel, Bauernhöfe usw. handeln.

Der Abholrhythmus wird mit der jeweiligen Geschäftsleitung abgesprochen, nach deren Wünschen sich die Foodsaver richten. Ideal sind feste Tage und Zeiten mit 100%iger Abholquote, um Sicherheit und Regelmäßigkeit für Lebensmittelspenderbetrieb und Foodsaver zu erreichen. Denn die Kooperation baut auf Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit.

Die abholenden Foodsaver treffen sich vor dem Abholtermin und gehen gemeinsam in den Betrieb. Die Lebensmittel werden abgeholt und ggf. an einem Ort außer Sichtweite des Betriebs und der Kundschaft aussortiert und aufgeteilt. Die Foodsaver sortieren die vom Supermarkt bereitgestellten, aussortierten Lebensmittel in noch-essbar und nicht-mehr-essbar, und entsorgen verdorbene Lebensmittel sowie anfallende Verpackung sachgerecht in den Supermarkt-Mülltonnen oder bei sich zu Hause. Die noch-essbaren Lebensmittel nehmen die Foodsaver rückstandslos mit. Die Foodsaver übernehmen die Verantwortung für die Lebensmittel und kümmern sich um eine sinnvolle Weiterverteilung, z.B. an Freunde, Nachbarn, Fair-Teiler, soziale Einrichtungen, Flüchtlingscamps, Volksküchen usw.

 

Welche Vorteile hat ein Lebensmittelspenderbetrieb?

  • Geld- und Arbeitskraftersparnis für die Entsorgung: Bei einer Abholung nehmen die Foodsaver Lebensmittel mit, die der Betrieb sonst kostenpflichtig entsorgen müsste. Zudem übernehmen sie die Mülltrennung dessen, was sie nicht mitnehmen, was sonst die betrieblichen Arbeitskräfte tun müssten.
  • Flexibilität: Foodsaver können auch am Wochenende abholen oder bei Ausfall der Tafeln usw. einspringen.
  •  nachhaltiger Wirtschaften: Das Nachhaltigkeitsbestreben des Betriebes wird durch eine Kooperation mit foodsharing unterstützt, weil die Foodsaver alle noch genießbaren Lebensmittel abholen (auch über MHD, offene Packungen usw.).
  • keine rechtlichen Risiken: Wenn ein Foodsaver einen neuen Betrieb als Kooperationspartner gewinnt, wird eine Rechtsvereinbarung geschlossen, ähnlich denen von karitativen Betrieben.
  • Imagegewinn: Lebensmittelbetriebe, die mit foodsharing kooperieren, können einen Sticker mit der Aufschrift „Wir machen mit - foodsharing.de - bei uns kommen keine Lebensmittel in die Tonne“ anfordern, der gut sichtbar im Eingangsbereich der Läden aufgeklebt wird. Außerdem arbeitet foodsharing an einer Karte, die alle Betriebe anzeigt, die einen solchen Sticker haben und öffentlich genannt werden wollen.

 

Meine Aktivitäten bei Foodsharing

Bisher war ich als Foodsharer aktiv, d. h. ich habe überschüssige Lebensmittel verschenkt und mich privat für die Aufklärung über Lebensmittelverschwendung und die Rettung von Lebensmitteln eingesetzt. Außerdem hatte ich mich schon mal unverbindlich auf www.foodsharing.de angemeldet.

Da ich nun gern aktiver werden möchte, hab ich mir heute das foodsharing-wiki durchgelesen und das Quiz gemacht - und bestanden! Der erste Schritt, um Foodsaver zu werden, ist getan! :-)

Nun warte ich auf die Rückmeldung der Botschafterin von Charlottenburg, um bei drei Einführungsabholungen mit ihr bei Betrieben meinen Teamgeist und mein Auftreten zu beweisen. Drückt mir die Daumen, dass ich bald professionelle Foodsaverin bin! :-)

 

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