Geh dicht!, sprach das Gedicht.
Geh, Dichter, geh dichter an die Welt heran!

Ein Tanz
13.01.2007, Lia gewidmet
Der Himmel küsst das Sonnenmeer.
Das schmunzelnde Gras wird purpurrot.
Nach Glockenkonzert scheint die Zeit wieder tot.
Voll Leichtigkeit, was einmal schwer.
Was ist noch Zeit? Was ist noch Raum?
Flirrendes Flirten. Klirrendes Lachen.
Schwirrende Töne. Splitterndes Krachen.
Die Wirklichkeit zerbrach am Traum.
Du kommst mir nah und bist gleich fort.
Ein Lebenskreis um sich selbst, um den andern,
Ohne Berührung durch Klänge wandern,
Sprechen ohne ein einziges Wort.
Die Sorgen verborgen in Dunkelheit
Von Oxymoron und Synästhesie.
Unsre Seelen fliegen voll Phantasie,
Reich an Musik vom Körper befreit.
Wer nimmt, der gibt. Wer kommt, der geht.
Wünscht, unser Spiel ewig besteht.

06.05.2009
VER –
ITAS
und
Ich habe mich ver-irrt
und du hast dich ver-liebt.
In deine glücklich Augen
mein leerer Blick sich schmiegt.
Ich habe mich ver-sprochen
und du hast dich ver-hört.
Hab mir so viel ver-sprochen.
Dein Glück wirkt ganz ver-stört.
Ich habe es ver-sucht
und du hast viel ver-ändert.
Berührung ohn' Ver-stehn
ver-dammt ist zum Ver-gehn.
27.07.2011
GE – STÄNDNIS
Ich habe mich ge-irrt
und du hast dich ge-liebt.
In deinen steinern Armen
mein federn Herz nicht fliegt.
Ich habe mich ge-sprochen
und du hast dich ge-hört.
Hab so viel ge-sprochen.
Dein Glück wirkt ganz ge-stört.
Ich habe es ge-sucht
und du hast viel ge-ändert.
Rührung ohn' Ge-stehn
musste ge-heim heim-gehn.

03.01.2011
Durch die Welt zieh ich mit großen Schritten,
da kein Boden unter meinen Füßen ist.
Auf der Speisekarte hocken Sitten,
die gierig alle Welt blutig roh schon frisst.

15.03.2009
In Fahrt
Ich sitze in der Straßenbahn,
während mein Leben draußen an mir vorbeirast.
Auch die Tropfen hinter der beschlagenen Glasscheibe
veranstalten Wettrennen.
Ich sehe einen langsamen Tropfen,
der sich alleine seinen Weg bahnt.
Auch er kommt an.
Aber wo kommt er an?
Oder verfehlt er sein Ziel?
Die Straßenbahn ruckt wieder an.
Ich bin eine Station zu weit gefahren.
Ich bin über das Ziel hinausgeschossen.
Ich bin über den Ort hinausgekommen,
an den ich angeblich gehöre.
Auch bei der nächsten Station bleibe ich sitzen.

30.01 .2009
Gleich goldenem Engelshaar windet
sich träge die Zeit
Im Abendrot leise entschwindet
Vergangenheit
Auf meinen Lippen taumeln Träume,
alsbald zum Sterben bereit
Wenn ach, dein glühend Kuss sie säume,
Leben verzeiht.

07.09.2010
Mal umschlungen, heiß geliebt,
mal holder Kuss in Schlaf uns wiegt -
im Träumeland einander finden,
gemeinsam Raumzeit überwinden,
balgen, toben, sprudeln, lachen,
den brennend Lauf der Welt entfachen,
ein ganzes Universum sein,
all dies ist unser Glück zu zwein.

29.01.2012
Wir entstehen und vergehen schon in einem Atemzug.
Alles und nichts ist uns immer zu viel und doch niemals genug.
Obschon wir sterben noch im nächsten Morgengrauen,
beherrscht uns die Gier, weltweit Imperien zu bauen.
Wir sind bereit, mit Hass und Schmerz und Blut
was prachtvoll Schönes zu errichten.
Für den totbehafteten Augenblick unsrer kleinen Glut
das ewig Lebendige zu vernichten.
Die Vernunft setzt uns vor alle Lebewesen,
deren schlichter Einklang auch uns Menschen innewohnt,
wäre sie nicht so bescheiden gewesen,
zu erklär’n: Wir sind’s, was über der Schöpfung thront.
Wie lange wollen wir noch verehren, was uns trennt?
Stolz des Menschen Mund „Moral“ und „Gnade“ nennt,
was vom Wesen der Natur nicht anerkannt erscheint.
Dennoch ist's das Mitgefühl, das alle Tiere eint.

2011
Atem der Stadt
Ich friere im Lärmen einer zu großen Stadt,
deren Nacht mich neonfarben umarmt,
deren Steinherz sich meiner erbarmt,
weil niemand niemals nichts zu bieten hat.
Das Nichts, ein fettleibiger Gott, heißt
Wirtschaftswachstumswunderwunder.
Durch das Werbeethos „Leistungsleben kaufen“ beißt
man hier in Schund, Gold und Plunder.
Gott und Machthaber Hand in Hand
zählen ohnmächtig Geld,
stehen hinterm Infostand,
verkünden die Ordnung der Welt.
Nur Taube und Blinde sind gesund,
frei von Fraßund Sinn und Verlogenheit.
Der Atem der Stadt müffelnd bunt
schlägt auf den Magen der Zeit.


14.6.2012
Dein Kuss
Die Schwerkraft ist überwunden
in zeitlos schwirrenden Stunden,
wenn im Minutentakt die Sekunden
Mars und Venus umrunden.
Und mag der Erdball kippen,
wenn plötzlich alles kopfüber lebt,
ich häng an deinen Lippen,
weil das die Welt aus den Angeln hebt.

